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Familienunternehmen übergeben ohne Frust

von admin
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Interview mit Dr. Alix Frank-Thomasser, Partnerin der Alix Frank Rechtsanwälte GmbH, Wien

Welche Probleme treten bei der Übergabe von Familienbetrieben in der Praxis auf…und wie könnte man sie vermeiden?

Einer der Hauptfehler ist die Vernachlässigung von ganz einfachen soft facts: Sollen Familienbetriebe erfolgreich innerhalb der Familie übergeben werden, müssen erste Überlegungen Jahre vor der tatsächlichen Übergabe stattfinden. Nicht jedes Kind will zwangsläufig in das elterliche Unternehmen nachfolgen. Aber fast jedes Kind lässt sich dazu motivieren. Das gelingt natürlich nicht, wenn ein Kind nur die Probleme im Unternehmen mitbekommt. Unternehmenserfolge müssen auch von der ganzen Unternehmerfamilie gefeiert werden. Genauso wichtig ist das Selbstverständnis, daß Kinder nicht nur im eigenen Unternehmen lernen, um sich irgendwann als Übernehmer des Familienbetriebes zu behaupten. Die aus meiner Sicht erfolgreichsten Unternehmensnachfolger in der Familie sind jene Unternehmerkinder, die bei Lieferanten und Kunden des Unternehmens praktizieren konnten und im allerbesten Fall auch beim Konkurrenten.

Gravierende Fehler passieren allerdings auch in Sachen Fairness und Offenlegung: Nicht selten habe ich viel Geduld und Überredungskunst aufgewandt, um Transparenz in allen relevanten Themen eines Unternehmens gegenüber den Übernahmekandidaten aus der Familie durchzusetzen. Wenn nicht alle Verbindlichkeiten in der Vorbereitung einer Übernahme offengelegt werden oder lang eingesessene Gewohnheiten, wie die Finanzierung privat genossener Vorteile durch das Unternehmen verschwiegen werden, kommt es zwangsläufig zu Misstrauen. Misstrauen ist aber sicher keine Grundlage für eine gelungene Unternehmensnachfolge.

Auf welche rechtlichen Besonderheiten sollte man bei der Übergabe achten?

Jede Übergabe eines Unternehmens bedarf einer sorgfältigen Planung im Hinblick auf die rechtliche Strukturierung. Dabei sind Überlegungen im Zusammenhang mit der Vermeidung unnötiger Risiken, wie beispielsweise die Vermeidung oder zumindest Verringerung von möglichen Haftungsrisiken für den Unternehmensnachfolger, wie auch für den Übergeber eines Unternehmens ganz besonders wichtig. Andererseits gilt es abzuklären, ob nicht durch die Übergabe eines Unternehmens an ein Familienmitglied, andere Familienmitglieder im Ergebnis leer ausgehen und später vielleicht, nach dem Ableben der Übergebergeneration, massive Konflikte im Zusammenhang mit einer dann anstehenden Verlassenschaft auftreten. Solche Erbschaftsstreitigkeiten können auch ein Unternehmen lähmen und sogar in seinem Bestand gefährden, wenn sich herausstellt, dass die seinerzeit „leer“ ausgegangenen Familienmitglieder betragsmäßig umfangreiche Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Unternehmensnachfolger geltend machen können.

Welche Experten sollte man rechtzeitig in den Übergabeprozess einbinden?

Ein Übergabeprozess sollte jedenfalls von Rechtsexperten begleitet werden, die im Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Umgründungssteuerrecht und letztlich in allgemeinen Fragen des Wirtschaftsrechtes Experten sind. Auch der Steuerrechtsexperte darf nicht fehlen. Ein Übergabeprozess ist aber auch die Chance, Fehler in der Unternehmensstrategie, der Finanzierung oder der Struktur aufzudecken. Daher empfiehlt es sich, auch eine zweite Meinung zu der des langjährigen Firmenanwaltes, Steuer- und Finanzierungsberaters einzuholen. Eine komplexe Familiensituation, also Übergaben, die im Kreis einer großen Unternehmerfamilie stattfinden, erfordern oft auch den Einsatz eines kundigen Wirtschaftsmediators und Unternehmensberaters.

Was ist bei der Übergabe gerade in Krisenzeiten besonders wichtig?

Jedenfalls ein umfassender Check aller insolvenzrechtlich relevanten Umstände, die das Unternehmen in der Krise betreffen könnten. Ein Unternehmen in der Krise heißt ja noch lange nicht, dass Insolvenz, also Überschuldung oder/und Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Aber es können bereits Hinweise vorliegen, die eine Insolvenz nicht ganz ausschließen lassen. Gerade der Übernehmer muss daher wissen, worauf er sich einlässt und welche Schritte in diesem Stadium vor einer möglichen Insolvenz zu setzen sind, um diese zu vermeiden.

Was raten Sie kapitalstarken Familienbetrieben in der aktuellen Situation?

Diversifizieren und Rahmenbedingungen schaffen, die eine nachhaltige Firmenstruktur und ein zukunftsorientiertes Geschäftsmodell ermöglichen.

Was ist Ihnen sonst noch wichtig/sollte angesprochen werden?

Die 7 Todsünden, die eine erfolgreiche Unternehmensübernahme verhindern:

  • Erst jenseits von 55+ über die Unternehmensnachfolge nachdenken
  • Kinder müssen jedenfalls in das Familienunternehmen nachfolgen
  • Zu großes Vorschussvertrauen der Übernehmer
  • Eine ungeregelte Erbfolge in der Familie
  • Der Chefsesselkleber als Übergeber
  • Veraltetes Geschäftsmodell ohne Visionen oder die utopische Firmenstrategie dies Übernehmers
  • Zu wenig Zeit für den Übergabeprozess (Faustregel: mindestens 3 bis 5 Jahre einplanen)

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