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Pay-per-Use: Nur die Nutzung zahlen

von Niloofar Soleimanian
6 Minuten lesen
Pay-per-use- Ein man der allein arbeitet steht auf dem Bild

Pay-per-Use, das nutzungsabhängige Preismodell, etwa für Maschinen, wird von der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit und von Digitalisierung getrieben. Was Unternehmen bei verbrauchsbasierten Abrechnungsmodellen beachten sollten.

Eine der größten Investitionsbremsen stellen für Unternehmen Unsicherheiten über die weitere wirtschaftliche Entwicklung dar. Und davon gibt es aktuell einige: geopolitische Spannungen, Coronapandemie, Lieferkettenprobleme, Inflation auf Rekordniveau getrieben von exorbitanten Energiekosten. Die Absatzmärkte sind volatil, Unternehmen fürchten starke zyklische Schwankungen der Nachfrage. Die Folge: Sie halten sich mit Erweiterungen oder Modernisierungen zurück. Viele Unternehmen scheuen Investitionen und hohe Fixkosten. Die Sicherung der Liquidität hat nach den Corona-Erfahrungen oberste Priorität im unternehmerischen Finanzmanagement bekommen. Für Unternehmen in volatilen Märkten kann die Abzahlung eines Kredits bei der Neuanschaffung von Maschinen oder Anlagen schnell zu einer großen Belastung führen. Das Pay-per-Use-Modell setzt beim Investitionsrisiko an. Der Grundgedanke hinter Pay-per-Use: Nur wer ein Gerät oder eine Maschine nutzt, soll sie auch bezahlen. Erfahren Sie mehr über dieses flexible Abrechnungsmodell.

Das Preismodell: Definition von Pay-per-Use

Was im Privatleben mit Carsharing und E-Scootern sowie im Business-Alltag bei Druckern, Geschirrspülern oder Kaffeemaschinen längst Realität ist, kann auch im traditionellen Maschinen- und Anlagenbau Fuß fassen: das Pay-per-Use-Modell. Es setzt beim Investitionsrisiko an, das mit der Finanzierung von technischer Infrastruktur einhergeht. Während beim Leasing (siehe auch: Diese Fehler sollten Sie beim Leasing vermeiden vorab vereinbarte Raten festgelegt werden, die auf einer angenommenen Nutzung der Maschine beruhen, wird bei Pay-per-Use lediglich die tatsächliche Nutzung in Rechnung gestellt. Ist der Einsatz einer Maschine hoch, ist mehr zu zahlen, wird sie weniger genutzt, fällt die Abrechnung entsprechend geringer aus. Sie passt sich so der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens an. Dadurch entfallen hohe Erstinvestitionen und die Einstiegshürden sinken. Wegbereiter für Pay-per-Use ist die Digitalisierung, Treiber ist die Entwicklung des Internet of Things (IoT) Konnektivität ist dabei das Stichwort. Erst die Erfassung von zahlreichen Daten und kleinteiligen Abrechnungen sowie die Vernetzung der Maschinen mit dem Kunden, dem Hersteller und womöglich einer Bank oder einem Abrechnungsdienstleister ermöglicht eine effiziente Umsetzung.  

Warum Pay-per-Use?

  • Das Modell schont die Liquidität des Unternehmens, vermeidet eine langfristige Kapitalbindung und ermöglicht Handlungsspielräume für andere Investitionen.
  • Für dieses Abrechnungsmodell ist keine Bilanzierung notwendig, laufende Kreditlinien werden nicht belastet.
  • Die Bezahlung erfolgt transparent, meist im Rahmen einer monatlichen Abrechnung.
  • Unternehmen können mit den Entwicklungen auf dem Maschinenmarkt technologisch Schritt halten. Sie bleiben weiterhin up to date, bei einem überschaubaren Investment.

Auch die Maschinenhersteller profitieren:

  • Sie können berechenbare Einkünfte erzielen und sich teilweise von den Konjunkturzyklen abkoppeln.
  • Durch die übermittelten Daten wissen sie oft besser als die Kunden, was diese brauchen. Sie können so frühzeitig Wartungsbedarf erkennen, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Stichwort Predictive Maintenance. Dadurch können zusätzliche Lösungen angeboten werden.
  • Die Auswertung der realen Nutzungsdaten kann neue Impulse für die Weiter- oder Neuentwicklung der Maschine liefern.

Für wen eignet sich Pay-per-Use?

Das auf Daten basierende Abrechnungsmodell Pay-per-Use eignet sich bei der Anschaffung von Maschinen besonders für zyklische Branchen. Erzielt das Unternehmen mit der vernetzten Maschine weniger Erlös, sinkt auch die monatliche Belastung. Brummt das Geschäft, sorgen die Maschinen für höheren Umsatz. Pay-per-Use kann sowohl für Unternehmen interessant sein, welche die Auslastung einer Maschine nicht von vornherein abschätzen können, als auch saison-abhängige Branchen. Ein Beispiel aus dem Tourismus: Miele bietet für Hoteliers ein Pay-per-Use-Modell bei Gewerbewaschmaschinen oder Gewerbetrocknern an. Als Zielgruppe dafür sieht Miele vor allem Saisonbetriebe, bei denen Maschinen nicht das ganze Jahr über im Einsatz sind. Ebenfalls denkbar für Pay-per-Use ist der Einsatz bei Unternehmen, die Produkte nur über kurze Zeiträume fertigen.

Die Kehrseite von Pay-per-Use

Nicht für jedes Unternehmen ist Pay-per-Use das richtige Preismodell. Bei Vollauslastung ist die nutzungsabhängige Abrechnung oft teurer als bei anderen Bezahlmodellen. Läuft die erworbene Maschine rund um die Uhr oder sind die Auslastungsschwankungen eher gering, ist Pay-per-Use weniger geeignet. Es lässt sich mit einer Immobilie vergleichen: Für den einen passt der Kauf, für manchen der langfristige Mietvertrag, und andere benötigen die Flexibilität eines Co-Working-Space. 

Was müssen Unternehmen bei verbrauchsbasierten Modellen beachten?

  • Generell bedeutet Pay-per-Use eine Offenlegung von Produktions- und Nutzungsdaten. Das Unternehmen muss zu dieser Offenheit von Herrschaftswissen stehen.
  • Die Eigentumsverhältnisse müssen klar geregelt werden, damit der Hersteller im Falle einer Insolvenz des Nutzers weiterhin vollen Zugriff auf die Maschine hat.
  • Etwaige Schadenersatzrisiken sollten bei Nutzungsausfällen vertraglich so geregelt werden, dass sie sich je nach Verschulden des Herstellers oder des Nutzers zuordnen lassen.
  • Es ist auch zu klären, wer die Kosten für die regelmäßige Wartung und gegebenenfalls Reparatur einer Maschine trägt.
  • Gegebenenfalls wird eine Grundgebühr vereinbart, die auch dann zu zahlen ist, wenn eine bestimmte Mindestnutzungsdauer oder Mindestzahl an Werkstücken nicht erreicht wird.
  • Zu regeln sind die Art der Datenübertragung zur Abrechnung sowie der Umgang mit den erhobenen Nutzungsdaten. Die Sicherheit der eingesetzten IT-Architektur ist entsprechend zu gewährleisten.
  • Der Restwert im Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung ist zu bemessen, außerdem sind etwaige Rückgabemodalitäten festzulegen.

Der Status quo von Pay-per-Use


Der Markt für nutzungsabhängige Bezahlmodelle steckt noch in den Kinderschuhen. Zwar sind 94 Prozent der Maschinenhersteller der Überzeugung, dass der Einsatz von Pay-per-Use-Finanzierungsmodellen den Absatz von Maschinen auch in Krisenzeiten erhöhen könnte. Die Mehrheit der Hersteller ist der Meinung, dass durch den Einsatz von Pay-per-Use mehr Maschinen abgesetzt werden können. Trotzdem bieten lediglich 28 Prozent der Maschinenhersteller ihren Kunden ein solches Finanzierungsmodell an. Denn die Herausforderungen für dessen Umsetzung sind nicht unbedeutend: Integration in die Prozesse bei Hersteller und Kunde, eine passende IoT-Infrastruktur, fehlende Zahlungsexpertise. Zu diesem Ergebnis kommt eine qualitative Umfrage mit über 100 Unternehmen aus der DACH-Region zu Pay-per-Use der Strategieberatung Kaufmann und Langhans mit der FHWien der WKW.


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