Blogstart Finanzen Wie es den Unternehmen im permanenten Krisenmodus geht

Wie es den Unternehmen im permanenten Krisenmodus geht

von admin
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Die neueste EIB-Investitionsumfrage zeigt: Die EU-Unternehmen haben die Pandemie besser überstanden als erwartet, doch neue heftige Schocks testen ihre Belastbarkeit.

Nur wenige Unternehmen gehen davon aus, 2022 schlechter dazustehen als vor der Pandemie. Diese Ergebnisse zeitigt die aktuell Investitionsumfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB). Der Grund dafür sind einerseits die schnellen, großzügigen Hilfen der Politik und andererseits eine kräftige Nachfrageerholung im ersten Halbjahr 2022.

Insgesamt erwarten 84% der befragten Unternehmen, beim Umsatz 2022 mindestens wieder das Vor-Pandemie-Niveau zu erreichen. Beim Klimaschutz liegen Europas Unternehmen weiterhin deutlich vor den Vereinigten Staaten. In der Europäischen Union haben 88% der Firmen Maßnahmen für weniger Treibhausgasemissionen ergriffen, und mehr als die Hälfte hat bereits in den Klimaschutz investiert.

Ukraine-Konflikt als Härtetest

Doch der Ukrainekrieg und seine Folgen testen die Belastbarkeit der Unternehmen. Ihrer Einschätzung nach haben sich die Investitionsbedingungen deutlich verschlechtert. Verantwortlich dafür sind die Energiekrise, die Unsicherheit und das nachlassende globale Wachstum. Die Erwartungen zur Wirtschaftslage sind erneut ins Minus abgerutscht; nämlich von +27% auf -53%. Auch bei der Einschätzung der Geschäftsaussichten gab es eine Trendwende (Rückgang von +34% auf +3%), ebenso bei den Aussichten für das politische und regulatorische Klima (-40%) sowie für den Zugang zu externer Finanzierung (-8%).

In Österreich bedrücken Unternehmen noch weitere Faktoren, wie die aktuelle Deloitte CFO Survey 2022 zeigt: Neben dem anhaltenden Fachkräftemangel (72%) bereiten den österreichischen Befragten derzeit vor allem die unklaren Konjunkturaussichten (69%), in die Höhe schnellende Strom- und Gaspreise (59 %) sowie geopolitische Risiken (56%) große Sorgen.

Die Folgen des Ukraine-Krieges sind für die europäische Wirtschaft enorm. Eine zeitnahe Entlastung ist nicht in Sicht: Im kommenden Jahr rechnen die CFOs hierzulande mit einer Inflationsrate von acht Prozent, für die Eurozone werden sechs Prozent erwartet. Mit dieser Prognose zeigen sich die österreichischen Befragten im Europavergleich besonders pessimistisch. Nur in Griechenland erwartet man laut der Studie des Beratungsunternehmens noch höhere Inflationsraten.

„Wir leben in einer Zeit der Unsicherheit und immer neuer Schocks, die die Belastbarkeit der Unternehmen auf die Probe stellen. Europas Firmen haben in der Pandemie in den Wandel investiert und verwenden nun moderne digitale Technologien im gleichen Maße wie Unternehmen in den USA. EU-Unternehmen investieren auch zunehmend in den Klimaschutz. Der aktuelle Energiepreisschock dürfte sie darin noch bestärken. Die diesbezüglichen Gegenmaßnahmen sollten den Grundstein für einen effizienteren, zuverlässigeren europäischen Energiemarkt legen und mehr Geld in grüne Innovationen lenken“, sagt EIB-Chefvolkswirtin Debora Revoltella.

Abwärtsrisiken für Unternehmensinvestitionen

Die neuen Schocks im Jahr 2022 schränken den Zugang zu externer Finanzierung für EU-Unternehmen kurzfristig noch stärker ein als auf dem Höhepunkt der Pandemie. Auch die Aussichten für den Zugang zu interner Finanzierung für Investitionen haben sich stark verschlechtert, nämlich von „deutlich besser“ zu „stabil“. Der Anteil der Unternehmen, die Finanzierungsschwierigkeiten haben, ist ebenfalls gestiegen: Von 4,7% im Jahr 2021 auf 6,2% im Jahr 2022.

Die Innovationslücke wächst

Die immer neuen Schocks beeinflussen die Innovationstätigkeit der Unternehmen. Rund ein Drittel der EU-Unternehmen (34%) hat mittels Investitionen neue Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen entwickelt oder eingeführt. Das sind etwa ebenso viele wie bei der EIBIS 2021 (36%). Allerdings zeigen die Daten der Umfrage auch, dass die Innovationslücke gegenüber den Vereinigten Staaten größer wird: In der Europäischen Union investieren 19% weniger Unternehmen in Innovation als in den USA. Hier sind finnische Unternehmen am innovativsten (52%), gefolgt von Irland und Dänemark (jeweils 50 %). Schlusslicht sind die Slowakei und Spanien (14% bzw. 21%).

EU-Unternehmen auf Transformationskurs

• Klimaschutz und Energieeffizienz: Die Unternehmen machen Fortschritte bei Investitionen in Klimaschutz und -anpassung. In der Europäischen Union haben 53% der Firmen bereits investiert, um sich gegen Wetterereignisse zu wappnen und den CO2-Ausstoß zu mindern. Außerdem wollen mehr als die Hälfte in den nächsten drei Jahren in den Klimaschutz investieren. Für weniger Treibhausgase investieren rund 57% der Unternehmen in Energieeffizienz, 64% in Abfallminimierung und -recycling und 32% in neue, umweltverträglichere Geschäftsbereiche und Technologien.

• Digitalisierung: Beim Einsatz moderner digitaler Technologien haben EU-Unternehmen nahezu zu den USA aufgeschlossen und können nun von den Vorteilen profitieren.

• Handelsstörungen: Die Unternehmen reagieren, um widerstandsfähiger gegenüber Handelsstörungen zu werden.

Seit 2021 bekamen fast 90% der EU-Unternehmen die Folgen internationaler Handelsstörungen zu spüren. Fast genauso viele EU-Unternehmen betrachten den Ukrainekrieg und Corona als Hindernis für den internationalen Handel. Insgesamt haben fast 60% der Firmen, die mit Störungen des internationalen Handels konfrontiert sind, entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen.

Hintergrundinformationen

Die siebte Investitionsumfrage der EIB liefert Informationen zu Unternehmen in der Europäischen Union und in den Vereinigten Staaten, die zwischen April und Juli 2022 erhoben wurden. Sie gibt Aufschluss über Investitionsentscheidungen und deren Finanzierung. Die Unternehmen wurden zu ihrer Investitionstätigkeit in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung sowie zu den Auswirkungen von Coronapandemie und Ukrainekrieg befragt. Die EIB-Gruppe, die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten wollen mit der Umfrage Investitionsbedarfe ermitteln und Investitionshürden verstehen.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist die Einrichtung der Europäischen Union für langfristige Finanzierungen. Ihre Anteilseigner sind die Mitgliedstaaten der EU. Die EIB vergibt langfristige Mittel für solide Projekte, die den Zielen der EU entsprechen.

Auch der österreichische Volksbanken-Verbund kooperiert mit der EIB: In Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank, dem österreichischen Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und der Österreichischen Ärzte- und Apothekerbank AG als Teil des Volksbanken-Verbundes wurde schon im Jänner 2020 ein wichtiger Meilenstein zur Weiterentwicklung und langfristigen Etablierung von Primärversorgungseinheiten (PVE) in Österreich gesetzt.

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