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Aktiv gegen den Fachkräftemangel

von Redakteur
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Eine Beseitigung des Fachkräftemangels ist nicht in Sicht. Solange das Bildungssystem nicht reformiert wird und die duale Ausbildung keine Imagepolitur erhält, bleibt es schwer, das Problem in den Griff zu bekommen. Und trotzdem kann jeder einzelne Betrieb in Österreich dazu beitragen, sich vor Fachkräftemangel zu schützen – indem man sich um die Ausbildung des Nachwuchses selbst kümmert, (internationale) Fachkräfte durch ein attraktives Umfeld anlockt und Talente durch Firmenidentifikation ans Unternehmen bindet.

I. Die Herausforderung

Es kommen weniger nach als in Pension gehen

Der Fachkräftemangel ist schon seit vielen Jahren eines der größten Probleme der heimischen Wirtschaft und wird durch die aktuelle Alterspyramide immer brisanter. In den kommenden Jahren werden sich viele Fachkräfte in den Ruhestand verabschieden. Gleichzeitig rückt aber deutlich weniger neues Personal nach. Die Folge: Es entsteht eine Lücke. Für Unternehmen sind das teilweise herbe Verluste, denn mit den Fachkräften, die in Pension gehen, fällt auch Know-how weg.

Zu wenig internationale Fachkräfte

Hierzulande hat es die Politik verabsäumt, ein Hot-Spot für internationale Fachkräfte zu werden. In vielen Nachbarländern hat sich ein Expats-System deutlich besser etabliert. Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, muss Österreich attraktiver für ausländische Top-Fachkräfte werden. Dazu gehört etwa, dass es im Umfeld Angebote für die gesamte Familie der Top-Fachkräfte gibt, zum Beispiel internationale Schulen.

II. Die Lösungen

Bildung ist die wichtigste Stellschraube

Das Bildungssystem passt sich leider viel zu langsam den gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnissen an. Das zeigt sich alleine an den digitalen Skills. Mit Zunahme des Digitalisierungsgrades in der heimischen Wirtschaft macht sich der Fachkräftemangel besonders bemerkbar. 

Unternehmen müssen aktiv werden

Unternehmer dürfen nicht warten, dass sich automatisch Nachwuchskräfte mit den notwendigen Kompetenzen bewerben. Viel eher ist das Unternehmensmanagement gefordert, neue Ressourcen zu finden und Lösungen zu entwickeln, wie man Skills in die Belegschaft bringt. Die innerbetriebliche Weiterbildung gewinnt an Bedeutung. Würden die Betriebe vielerorts nicht selbst den Nachwuchs ausbilden, wäre die Fachkräftesituation in Österreich noch problematischer.

Eine Übergangslösung

Um auf die Kompetenzen der pensionierten Fachkräfte nicht verzichten zu müssen, gehen einige Firmen dazu über, diese Personen als „Berater“ wieder ins Boot zu holen. Sie können die Wissenslücke schließen, bis es gelingt, den Wissenstransfer an neue Fachkräfte weiterzugeben.

Zum attraktiven Arbeitgeber werden

Erhöhter Fachkräftemangel sorgt natürlich auch dafür, dass die Unternehmen sich gegenseitig die besten Talente abspenstig machen. Siegen wird jener Betrieb, der das attraktivste Umfeld bietet. Dazu gehören neben flexiblen Arbeitszeitmodellen und einem modernen Arbeitsplatz auch Firmenphilosophien. Die Arbeitssuchenden sehen sich genau an, ob die Wertvorstellungen der Firma zu den eigenen passen.

Firmen-Identifikation stärken

Wichtig ist es auch, den Beschäftigten die notwendige Wertschätzung entgegenzubringen. Zum Beispiel führen Mitarbeiterbeteiligungen zu einer stärkeren Identifikation mit dem Unternehmen. Damit bindet man Talente ans Unternehmen. In Österreich wird die Mitarbeiterbeteiligung steuerlich gefördert. Das sollten mehr Unternehmen berücksichtigen. Für Unternehmen hat die Mitarbeiterbeteiligung zudem den Vorteil, dass sich die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, die Mitunternehmer werden, erhöht. Außerdem liegt den Mitbeteiligten viel daran, dass ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich ist. Diesen Motivations-Kick sollte man nicht unterschätzen.

MINT-Fächer stärker berücksichtigen

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – im internationalen Vergleich haben die MINT-Fächer in Österreich noch großen Aufholbedarf. Das Interesse für diese Fächer muss von Kindesbeinen an geweckt werden, um in diesen Bereichen in Zukunft ausreichend Fachkräfte zu besitzen. Hier muss vor allem auch darauf geachtet werden, vermehrt Mädchen und Frauen anzusprechen und das Interesse für MINT-Fächer wecken. Ein lobenswerter Weg ist hier etwa die FTI-Strategie (Forschung, Technik, Innovation), deren Ziel es ist, Österreich bis 2030 unter die Top-5-Innovationsstandorte in Europa zu platzieren.

Mehr Achtung für Lehre

Nicht nur das Bildungssystem muss reformiert werden, zusätzlich muss der dualen Ausbildung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels wieder mehr Beachtung geschenkt werden, weil hier gezielt spezifische Berufsgruppen ausgebildet werden, die besonders für die Industriebetriebe notwendig sind. Durch die Akademisierung ist die duale Ausbildung stark in den Hintergrund geraten. Lehrlingsberufe müssen daher in der Öffentlichkeit an Wert gewinnen. Hier bedarf es Aufklärung, dass nicht nur ein akademischer Bildungsweg für eine gute berufliche Zukunft erstrebenswert ist, sondern die Lehre ebenfalls beste Karrierechancen sichert. 

Verlorene Talente wieder ins Boot holen

Die Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie haben zudem dazu geführt, dass Kinder aus bildungsfernen Haushalten teilweise aus dem Bildungssystem verloren gegangen sind. Hier muss es gelingen, viele dieser potenziellen Lehrlinge und Fachkräfte wieder zurückzugewinnen.

Mehr Offenheit für Berufswechsel

Die Einstellung zur Arbeitswelt muss sich auch ändern. Die Zeiten, in denen man einen Beruf erlernte und in dem man dann bis zur Pensionierung ist, sind vorbei. Heute ist Flexibilität gefragt. Im Laufe einer Karriere wechselt man häufig das Berufsbild. Das bedarf aber einer gewissen Offenheit in den Köpfen der Menschen. 

Stärkere Vernetzung von Schule und Wirtschaft

Neben Universitäten und Fachhochschulen müssten auch Schulen verstärkt mit Unternehmen in Interaktion treten, um das Interesse des Nachwuchses zu fördern. Hier sind durchaus die Unternehmer aufgerufen, einen Schritt auf die Bildungseinrichtungen zu machen, um Kooperationen ins Laufen zu bringen.

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