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Die Börse lockt KMUs

von Redakteur
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Auch für KMUs kann der Gang an die Börse Sinn machen. Die Gründe zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft sind häufig sehr unterschiedlich. Zu klären gilt es in jedem Fall, ob ein Unternehmer sich mit den neuen Spielregeln wohl fühlt, wenn eine Firma erst einmal an der Börse gelistet ist.  

KMUs und der Reiz der Börse

Ein Hauptgrund, warum immer mehr KMUs mit dem Börsengang liebäugeln: Ein Börsenlisting öffnet die Quelle des Kapitalmarktes. Der Zugang zu frischem Eigenkapital wird erleichtert und Expansionspläne lassen sich einfacher vorantreiben. Eignen kann sich eine AG auch, wenn ein Unternehmen globaler werden möchte, denn börsennotierte Unternehmen genießen in der Regel mehr Sichtbarkeit, aber zudem auch meist mehr Vertrauen bei Investoren und Geschäftspartnern. Es gibt viele Investoren, die lieber in eine AG als in eine private GmbH investieren wollen. Gerade Familienunternehmen nutzen den Gang an die Börse aber auch, um die Nachfolge zu regeln. Besonders, wenn bei einer Nachfolge viele Personen involviert sind, kann es die Firma vor finanzielle Schwierigkeiten stellen, wenn manche Nachfolger ausbezahlt werden müssen. Nicht selten sind Familienunternehmen dann zu Teilverkäufen des Unternehmens gezwungen. Eine AG hingegen ließe die Aufteilung ohne Zerstörung der Gesamtwertschöpfungskette zu. Der Gang an die Bösen kann zudem helfen, Top-Fachkräfte mittels Mitarbeiterbeteiligungen im Unternehmen zu halten – in Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein Grund, der an Gewicht gewinnt. Als Investor sind auch Beteiligungsgesellschaften relevant. Hat ein Unternehmer viele Standorte, sind die jährlichen Abgaben bei Bewertungen an Wirtschaftsprüfer hoch. Bringt man ein Unternehmen an die Börse, erspart man sich viele Kosten, vor allem die Teilwertabschreibung.

Skalierbarkeit wichtiger als Größe

Viele KMUs sitzen dem Irrglauben auf, ein Börsenlisting sei nur für große Unternehmen möglich. Dabei sind Skalierbarkeit und Transparenz eines Geschäftsmodell die entscheidenden Gradmesser, ob der Gang an die Börse für ein KMU Sinn macht. Laut Finanzexperten ist die Größe des Unternehmens und die Mitarbeiterzahl sekundär. Die Börse lockt KMUs, doch nicht zu unterschätzen ist, ob dem Unternehmen auch wirklich klar ist, worauf man sich bei einer AG einlässt und was sich gegenüber der aktuellen Situation ändert.

AG hat neue Spielregeln

Unternehmer, die sich dazu entscheiden, ihre Firma in ein Börsenunternehmen zu verwandeln, müssen sich bewusst sein, dass sich einige Dinge verändern. Zum Beispiel die rechtlichen Rahmenbedingungen. Als AG ist man verpflichtet, alle wesentlichen Informationen rund um eine Unternehmensentwicklung offenzulegen. Wichtig ist die sogenannte Insider-Publizität, wonach vor allem Informationen, die den Kurs nach oben oder unten bewegen können, unverzüglich in strukturierten Verfahren an Investoren weiterzugeben. Dazu gehören etwa Mitteilungen von Transaktionen. Für Firmeneigentümer, die bisher gewohnt waren, Entscheidungen alleine zu treffen, wird es eine große Umstellung sein, dass in einer AG ein Aufsichtsrat jede Entscheidung bewilligen muss. Zudem muss der Wille zur Sichtbarkeit und Gleichbehandlung auch gegenüber fremder Investoren gegeben sein. Der Börsengang braucht also durchaus den Mut zur Veränderung. 

Feedback der Investoren aufnehmen

Investoren wollen in der Regel Geschäftsmodelle verstehen und immer auf dem Laufenden gehalten werden. Es entsteht eine aktive Investorenkommunikation. Dieser permanente Austausch mit Investoren ist für viele Privatunternehmer auch emotional und atmosphärisch eine neue Welt. Die Investoren werden zu einer neuen Stakeholdergruppe und können wertvolle Inputs geben. Somit sind die sogenannten Investors Relations durchaus relevant für den Erfolg eines KMUs an der Börse. 

Die Börse lockt KMUs, doch Geduld ist gefragt

Ein Unternehmen wandelt sich nicht von heute auf morgen von einer privaten GmbH in eine AG. Wer ein Unternehmen in eine AG umwandeln möchte, sollte für den gesamten Prozess rund eineinhalb Jahren einplanen. Am zeitintensivsten ist der Bau des Konzerns. Dieser Prozess dauert meist schon bis zu einem Jahr. Zudem ist es einem Unternehmen nur zu bestimmten Zeiten erlaubt, den Konzern zu bauen. Das liegt am sogenannten Umgründungssteuergesetz. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum Börsenlisting ist Kompetenz in Financial Engineering. Damit kann man deutlich bessere Ausgangssituationen und Bewertungen erzielen. Nicht jedes KMU besitzt diese Fähigkeit. Hier ist professionelle Unterstützung angesagt. Empfehlenswert sind auch Schulungen durch Börsenexperten.

Profi ins Boot holen

Am Einfachsten gelingt die Umstellung auf eine AG mit professioneller Begleitung. Es gibt viele Unternehmensberatungen und Kapitalmarkt Coaches, die sich auf den Umwandlungsprozess spezialisieren und auf diesem Weg begleiten. Auch Banken sind kompetente Anlaufstellen, so können etwa Berater der Volksbank aufgrund ihrer Erfahrungen wertvolle Input geben. Zudem ist die Bank Dividendenzahlstelle und für das Umbuchen der Aktien in die Depots der Aktionäre zuständig. Die professionelle Begleitung stellt sicher, dass in dem Prozess erstens alle wichtigen Schritte integriert sind und zweitens, die Umstellung auch so unkompliziert wie möglich vonstatten gehen kann. Die Unterstützung beginnt bei der strategischen Entwicklung des Unternehmens und führt über den Bau des Konzerns bis hin zur wichtigen Entscheidung, welche Segmentierung man wählt.

Wahl des Börsensegments

Ein Unternehmen muss in einem bestimmten Segment an die Börse gehen. Auf der einen Seite gibt es EU-regulierte Segmente, die europaweit gleich sind, andererseits gibt es aber auch „börsenregulierte“ Segmente. bei denen die Börse mehr Einfluss auf die Segmentgestaltung hat. Je nach Segment variieren die rechtlichen Voraussetzungen. Es startet bei einfachen Zugängen mit geringeren Vorschriften, bei denen man aber auch nicht an die ganz großen Investoren kommt, bis hin zu sogenannten Prime Segmenten, bei denen der Zugang mit deutlich strengeren Richtlinien einhergeht und der Anlegerschutz besonders hoch ist. Bei den Prime Segmenten spielt man in der Liga der relevantesten Investoren. Geeignet, wenn ein Unternehmen zum Beispiel die Internationalisierung anstrebt. Die mittleren Segmente haben meist die optimalste Mischung auf Gesetzmäßigkeiten, die nicht zu eng sind und dennoch guten Anlegerschutz gewährleisten. 

Das Zünglein an der Waage

Häufig ist gerade die Offenlegung von Beteiligungen ein Treiber, der die Auswahl des Börsensegmentes entscheidet und oft auch den Grundstein legt, ob ein Unternehmen an die Börse geht oder nicht. Wenn zum Beispiel ein Investor kein Pflichtangebot machen möchte, dann kommt dieses Segment für ihn nicht in Frage. Grundsätzlich hat ein Unternehmen immer die freie Segment-Wahl. Es kommt also letztlich auf die Ziele und Erwartungen an, welches Segment für einen Unternehmer am sinnvollsten ist.

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