Blogstart Unternehmer-Portraits „Würde alles noch einmal genauso machen.“

„Würde alles noch einmal genauso machen.“

von Claudia Plam
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Der Vorarlberger Dach- und Fassadenbau-Unternehmer Andreas Kutzer gründete seinen Betrieb vor mehr als zwanzig Jahren und ist seit damals sehr erfolgreich unterwegs.

„Mama, ich habe gekündigt!“ Als Andreas Kutzer diesen Satz zu seiner Mutter sagte, war er gerade 15 Jahre alt geworden und hatte zwei Monate zuvor seine Lehre als Automechaniker angetreten. „Als ich damals begonnen habe, wurde mir aber schnell klar, dass ich nicht mein Leben lang Automechaniker sein möchte. Ich habe einfach gekündigt und bin nach Hause gegangen. Das war damals eine Katastrophe“, erinnert sich der tatkräftige Vorarlberger zurück. „Ich sollte nach dem Wochenende wieder zur Arbeit gehen, hatte aber keinen Job mehr. Meine Mutter hat dann ihre Schwägerin angerufen. Sie hat einen Dachdeckerbetrieb – und am Montag darauf war ich Dachdecker-Lehrling, was für mich ganz etwas Neues war. Ich hatte keine Ahnung, ob ich schwindelfrei bin oder Höhenangst habe. Eigentlich war das ja auch nichts für mich, aber ich habe die Lehre durchgezogen – vor allem, weil meine Mutter darauf bestanden hat.“ Gut so, denn umso länger er diesen Job machte, umso besser hat er ihm gefallen ­- und es entwickelte sich daraus eine wahre Erfolgsgeschichte.

Alles rund ums Haus

Heute führt Andreas Kutzer in Dornbirn sein eigenes Dach- und Fassadenbau-Unternehmen. „Vor 21 Jahren habe ich mich entschieden, gemeinsam mit meiner Frau einen eigenen Betrieb zu gründen. Seit diesem Tag sind wir sehr erfolgreich unterwegs.“ Begonnen hat die Selbstständigkeit als Fassadenbauer: „Anfangs beschäftigten wir uns eigentlich nur mit vorgehängten Fassaden. Das heißt Außenwände dämmen, isolieren und vorgehängte Fassaden in verschiedenen Materialien – Blech, Eternit, Naturschiefer, Holzschindeln ­– erstellen. Mittlerweile haben wir unser Portfolio ausgebaut und sind auch im Flachdach-Bereich tätig. Und seit wir einen Spenglermeister angestellt haben, machen wir auch Spenglerarbeiten aller Art. Damit sind wir breiter aufgestellt – und sind jetzt mit vielerlei Tätigkeiten rund ums Haus beschäftigt.“ 

Anpacken auf der Baustelle 

Ein wenig schade findet es Andreas Kutzer, dass er aktuell nicht mehr so viel auf den Baustellen anpacken kann wie früher. Für ihn war und ist es wichtig, dass er am Abend sieht, was er am Tag geschaffen hat: „Das taugt mir einfach. Da steht auf der Baustelle am Morgen eine rohe Wand – und am Abend hängt eine fertige vorgehängte Fassade oben. Das ist es, was Handwerk für mich bedeutet. Ob ein Dach zu decken ist, ein modernes Flachdach zu machen ist, eine Kamineinfassung, eine Verblechung einer Kamineinfassung – das ist es, was ich am Abend geschaffen habe bzw. was mittlerweile meine Arbeiter geschaffen haben.“ 

Handwerk hat goldenen Boden 

Immer schwieriger wird es in den letzten Jahren, geeignete Lehrlinge zu finden. „Insgesamt haben wir sicher schon mehr als zehn Lehrlinge ausgebildet, drei davon sind momentan noch im Betrieb beschäftigt. Aber es ist nicht einfach, Lehrlinge zu bekommen“, klagt Andreas Kutzer. Dabei sollten die jungen Leute wieder motiviert werden, ein Handwerk zu erlernen. „Das Handwerk ist einige Jahre lang verloren gegangen. Als ich zur Schule gegangen bin, hat man gesagt: Wenn du nicht lernst, musst du auf den Bau. Die Arbeit am Bau wurde abgestempelt als Strafe. Das wird uns aber irgendwann auf den Kopf fallen, wenn wir keine Handwerker ausbilden. Niemand kann dir dein Loch im Dach reparieren, wenn der Handwerker nicht da ist, der aufs Dach klettert und es ausbessert. Als Handwerker kann man sehr gutes Geld verdienen – nicht nur als Selbstständiger, sondern auch als Arbeiter.“

"Wenn ich noch einmal 15 Jahre alt wäre, würde ich alles noch einmal genauso machen."

Handwerks-Kultur geht verloren

Wichtig für sein Unternehmen, aber auch für Handwerksbetriebe allgemein, ist es, den jungen Leuten mitzugeben, dass sie sich dafür entscheiden sollen, einen Beruf zu erlernen. „Es muss nicht Spengler oder Dachdecker sein. Alles am Bau ist sehr, sehr wichtig, weil die Kultur gerade in unserem kleinen (Bundes-)Land Vorarlberg verloren geht, wenn das Handwerk verloren geht. Es ist geradezu ein Wahnsinn, dass wir keine Lehrlinge finden. Wir müssen den Jungen regelrecht nachlaufen und bieten sogar schon zusätzliche Anreize und Geschenke. Wir haben uns jetzt zum Beispiel dazu entschlossen, dass wir unseren Lehrlingen nach bestandener Gesellenprüfung den Führerschein bezahlen. Auch aus der Motivation heraus, dass wir sie im Betrieb halten. Das könnten vielleicht andere Handwerksbetriebe auch probieren.“

Gute und schlechte Zeiten

Wenn der Dachdecker-Meister heute auf sein bisheriges Berufsleben zurückblickt, ist er stolz darauf, dass er seinen Betrieb vor mehr als zwei Jahrzehnten gemeinsam mit seiner Frau aufgebaut hat. Und er würde heute alles noch einmal genauso machen. „In diesen 21 Jahren haben wir ständig an uns gearbeitet, um den Betrieb weiterzubringen. Wir hatten gute, aber auch schlechte Zeiten. Einmal musste ich zum Beispiel mehrere Monate auf Geld von einem Kunden warten. So lange, dass sogar unser Bank-Betreuer schon unruhig geworden ist. In dieser Situation zeigte sich aber, dass die Volksbank ein verlässlicher Partner ist, und wir konnten die Sache gemeinsam lösen. Seit ich mich erinnern kann, bin ich bei der Volksbank und fühle mich bestens betreut – ob das im Geschäftsleben oder auch im Privatleben ist. Wir haben sämtliche Maschinen, alle Immobilien über die Volksbank finanziert. Dafür muss man dankbar sein.“ 

"Ich spiele mit offenen Karten, auch gegenüber meiner Konkurrenz. Und erwarte, dass man auch mir gegenüber mit fairen Karten spielt."

Mit Optimismus in die Zukunft

Sein Tipp für ein erfolgreiches Selbstständigen-Dasein lautet: Geh‘ ehrlich mit den Kundinnen und Kunden um, gehe fair mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um und behandle sie, als ob sie ein Teil deiner Familie wären. „Ich gönne auch jedem den Erfolg, auch meinen Mitanbietern.“, so Andreas Kutzer. Und der Unternehmer will über die aktuelle Lage mit der ungewissen Corona-Situation nicht jammern. „Wir sind geschäftlich zufrieden. Gesundheitlich müssen wir natürlich jeden Tag aufpassen, dass wir gesund bleiben und das Virus nicht ins Haus bekommen. Bis jetzt haben wir das sehr gut hinbekommen. Wir haben Arbeit. Und auch für die Zukunft bin ich optimistisch, dass wir genug zu tun haben werden.“

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