Gründen Gründerinnen und Gründer: gemeinsamer Fortschritt von Redakteur 15.02.2022 15.02.2022 5 Minuten lesen 1,K Die unternehmerischen Leistungen von Frauen sind aus der heimischen Wirtschaft nicht wegzudenken. Kein Wirtschaftszweig kann heute auf Frauen als Gründerinnen verzichten. 293 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr leisten österreichische Unternehmerinnen. Frauen holen auf, aber noch immer besteht ein Ungleichgewicht zwischen Unternehmerinnen und Unternehmern. 2020 waren 45,4 % aller Unternehmensgründungen in Wien weiblich. 2021 führen in Wien Frauen 43% der Einzelunternehmen. Österreichweit wurde 2020 etwa jedes dritte Unternehmen (38,3%) von Frauen geführt (131.092 weibliche Einzelunternehmerinnen). Auch wenn Frauen jeden Job in jeder Branche ausüben können, wenn sie das möchten, liegen Unternehmerinnen vor allem im Dienstleistungssektor deutlich vorn: Die Fachgruppen mit dem höchsten Frauenanteil sind Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure (82,4 %), Friseure (80,4 %), sowie Mode- und Bekleidungstechnik (79 %). In Wien gibt es derzeit rund 51.000 Unternehmerinnen, 20.600 davon in der Sparte Gewerbe und Handwerk, 28.500 Ein-Personen-Unternehmen (EPU), aber nur 4.800 GmbH-Geschäftsführerinnen, das sind 16%. Motive für Gründerinnen Dass Frauen gerade in EPUs sehr stark vertreten sind, mag – einer These folgend – darin begründet sein, dass sich Frauen selbstständig machen um dominanten Männern auszuweichen. Die Daten der WKÖ wonach 75,07 % der Gründerinnen in Österreich flexible Zeit- und Lebensgestaltung und 66,24 % „eigene“ Chefin sein und weitere 61,82 % den Wunsch nach Eigenverantwortung als Gründungsmotive angeben (WKÖ Gründerservice, Motivumfrage 2020), könnten tatsächlich in diese Richtung weisen. Nachhaltigkeit Auch wenn Frauen nur etwas mehr als ein Drittel aller österreichischen Unternehmen führen, so gründen doch auch immer mehr Frauen eigene Unternehmen; der Frauenanteil bei den Neugründungen im Jahr 2018 lag bei 45,3 Prozent. Frauen gründen anders: oft vorsichtiger, aber dafür auch oft nachhaltiger. Die aktuelle Volksbank UnternehmerInnen-Studie zeigt: Nachhaltigkeit ist mehr als nur ein Buzzword, sondern gelebte Realität, die sich durch ein vielfältiges Begriffsverständnis auszeichnet. Demnach wirtschaften Frauen und junge Selbstständige besonders nachhaltig. Frauen legen in Österreich ein weitaus deutlicheres Bekenntnis zur Nachhaltigkeit ab, als Männer. Faktoren wie „sozialer Zusammenhalt“ ist für 81% der Frauen „sehr bedeutend“, aber nur für 73% der Männer. Der „Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen/Umweltschutz“ ist 74% der Frauen sehr bedeutend (Männer: 64%). „Nachhaltige Auswahl von Lieferanten, Partnern und Produkten“ beurteilen 62% der Frauen als sehr bedeutend (Männer 51%) und bei „Gleichstellung und Diversität“ erreicht der Unterschied zwischen den Geschlechtern einen Höchstwert (sehr bedeutend für 64% der Frauen und für 50% der Männer). „Sozialer Zusammenhalt im Unternehmen“ ist der wichtigste Nachhaltigkeitsaspekt. Er steht für 76 % der heimischen Selbstständigen an der Spitze der sehr bedeutenden Nachhaltigkeitsaspekte. Mut zur Gründerin Auch wenn gesellschaftlich mehr Frauen als Unternehmerinnen gewünscht sind, ist eine reglementierende Quote in der Privatwirtschaft wohl kaum zielführend. Was aber kann Frauen dazu ermutigen selbst ein Unternehmen zu gründen und auch Führungskraft von MitarbeiterInnen zu werden? Sollen Frauen von männlichen Unternehmensgründern lernen? Ja, sicher, aber das Richtige. Der Psychologe Tomas Chamorro-Premuzic zeigt auf der Basis aktuellster wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass Männer statistisch schlechtere Führungskräfte als Frauen sind. Als Gründe warum aber nach wie vor so wenige Frauen in Führungspositionen sitzen, werden meist drei Dinge angeführt: Frauen seien entweder nicht fähig oder nicht interessiert, oder sind zwar fähig und interessiert, können aber die geschlechterspezifische „gläserne Decke“ nicht durchbrechen. Meistens sei Letzteres der Fall. Vorbilder bei Gründerinnen und Gründern Große quantitative Studien deuten sogar darauf hin, dass es beim Talent zur Unternehmensführung möglicherweise gar keine Geschlechterunterschiede gibt oder diese wohl eher die Frauen begünstigen. Viele Unternehmen und Organisationen verwechseln aber destruktive Persönlichkeitseigenschaften wie Narzissmus und ein überzogenes Selbstbewusstsein bei Männern mit Führungspotential. Kontinuierliches Scheitern solcher Führungskräfte ist die Folge. Es kann daher nicht zielführend sein, wenn Frauen von diesen Männern lernen. Im Gegenteil: Frauen in Führungspositionen verfügen öfter über Eigenschaften, die Männer übernehmen sollten. Gemeinsam und geschlechtsunabhängig könnte sich so eine Gruppe von Vorbildern etablieren. Der Austrian University Female Founders Report Eine Studie des Wissenstransferzentrums Ost unter Frauen aus der österreichischen Gründerszene zeigt: Die Befragten sehen vor allem in drei Bereichen Handlungsbedarf, um eine unternehmerische Laufbahn für Frauen attraktiver zu machen und den Weg von der ersten Idee zur erfolgreichen Gründung zu beschleunigen. Verstärkte Vermittlung von Know-how hinsichtlich betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Grundlagen, Stärkung von Soft Skills wie z.B. Verhandlungs- und Präsentationstechnik und Vernetzung und gegenseitige Unterstützung von Gründerinnen. Die Frauen, welche bereits ein Unternehmen gegründet haben, wurden auch nach der Einschätzung befragt, welche Unterschiede sie zwischen männlichen und weiblichen Gründern wahrnehmen. 56% berichten, Männer würden selbstbewusster auftreten, wären entschlussfreudiger und risikobereiter; weitere 19% hielten fest, dass Männern schneller eine Chance gegeben würde und Frauen stärker um Unterstützung (z. B. von InvestorInnen) kämpfen müssten. Der geringe Frauenanteil in der Gründungsszene wird von 65% der befragten Gründerinnen auf gesellschaftliche und kulturelle Faktoren zurückgeführt. Ihre Antworten auf die offenen Fragen verdeutlichen, dass Entrepreneurship auch im Jahr 2016 noch männlich konnotiert sei, weshalb es Bewusstseinsbildung bei Männern UND Frauen brauche, um traditionelle Rollenbilder und Sozialisationsmuster aufzubrechen und gleiche Bedingungen für alle zu schaffen. Die befragten Frauen regten deshalb beispielsweise an, bereits ab Beginn der Schullaufbahn den Gründerinnengeist und unternehmerische Skills aktiv zu fördern, insbesondere in technologie- und naturwissenschaftlich orientierten Branchen und indem weibliche Role Models vor den Vorhang geholt werden. 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